Tee trinken im Alltag
Tee trinken hat ja in England Tradition, und da stellen sich viele bestimmt Teegenuss aus edlen Tassen zu festgelegten Tageszeiten vor. Was ich hier in London erlebe, sieht allerdings meistens ganz anders aus.
Tee wird von morgens bis abends getrunken, und das meistens aus großen Porzellanbechern. Loser Tee ist die Ausnahme, stattdessen sind Teebeutel beliebt. Die finde ich allerdings schöner als in Deutschland. Hier sind sie in der Regel rund oder dreieckig und überwiegend ohne Faden.
Wenn man irgendwo Tee trinken geht, wird auch meistens gleich Milch reingegeben, wer die nicht will, sollte das lieber vorher sagen. Es gibt keine Dosenmilch, sondern ganz normale, und ich muss gestehen, dass mir die auch eh besser schmeckt. Schwarzen Tee mit Zitrone habe ich hier übrigens noch nie erlebt.
Cream Tea
Eine ganz besondere Spezialität ist der Cream Tea. Anfangs hatte ich eine ganz falsche Vorstellung davon, was das eigentlich ist. Ein Teil meiner Verwandten stammt aus Ostfriesland, und da gibt man ja Sahne in den Tee rein. Als ich davon hier in London erzählt habe, waren einige Leute total erstaunt.
Sahne im Tee, das kann man tatsächlich trinken? Ja, kann man, und nicht nur das, es kommen auch noch Kluntjes, also dicke Kandisstücke rein. Aber ich schweife ab, zurück zum englischen Cream Tea …
Die Sahne gehört in England nicht in den Tee, sondern auf die sogenannten Scones, ein typisches Teegebäck.
Und es wird fast nie Schlagsahne draufgegeben, sondern Clotted Cream. Die ist vor allem in Devon und Cornwall sehr verbreitet. Sie hat eine Konsistenz, die in etwa zwischen Butter und Schlagsahne liegt, und ich finde sie richtig lecker.
In Deutschland ist sie, soweit ich weiß, nicht leicht zu bekommen. Beim Cream Tea kommt dann auch noch traditionell Erdbeerkonfitüre auf die Clotted Cream.
Ich habe neulich mal selber Scones gebacken und dazu dieses Rezept verwendet, das mir deshalb gefällt, weil weniger Zucker reinkommt als bei den meisten anderen. Statt Natron habe ich entsprechend mehr Backpulver genommen und statt Schlagsahne Clotted Cream. Es hat mir super geschmeckt.
Edler Teeladen
Wer gerne mal ein besonderes Tee-Ambiente möchte, ist im Twinings Teeladen richtig.
Hier auf dem Bild sieht man schon am Eingang, dass es kein gewöhnliches Geschäft ist, und auch drinnen wird man nicht enttäuscht, denn die Einrichtung ist interessant, und es gibt sogar ein Mini-Teemuseum.
Der Laden ist mehr als 300 Jahre alt, und als er neu eröffnet wurde, dominierten die Kaffeehäuser, in denen auch Tee getrunken werden konnte, der war allerdings hoch besteuert und wurde deshalb nur von Reichen genossen, bevor er allgemein populär wurde.
In diesen Häusern waren Frauen anfangs nicht zugelassen. Hier gingen die Männer hin, um sich den neuesten Klatsch zu erzählen und Geschäfte zu machen. Ab Ende des 19. Jahrhunderts gab es dann auch einige Orte, wo Frauen hingehen durften, und das waren vor allem erst mal die Teeräume.
Bei Twinings geht man davon aus, dass dieser Londoner Laden der erste überhaupt war, in dem Teeblätter zusammen mit Kaffeebohnen erhältlich waren.
Hier kann man jetzt immer noch besondere Teeproben erleben, wenn man vorher als Kleingruppe bucht. Mehr Infos gibt es auf der Website.
Heutzutage vor allem internationale Kaffeeketten
Obwohl die Leute heute in London nach wie vor viel Tee trinken, sieht man kaum Teehäuser und auch Cream Tea gibt es hier nicht an jeder Ecke. Über diesen Link findet ihr Tipps für stilechtes Teetrinken in London.
Im Stadtbild dominieren wie überall auf der Welt die internationalen Kaffeeketten. Tee gibt es da zwar auch, der wird allerdings meistens langweilig serviert und spielt nur eine untergeordnete Rolle.
Ich hätte nichts dagegen, wenn wieder mehr Teehäuser aufmachen würden, und noch toller fände ich es, wenn es neben den Teehäusern mit High-Society-Ambiente mehr solche mit einer Atmosphäre geben würde, in denen sich auch das einfache Volk im Alltag zu Hause fühlen kann.
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