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Marmite und Vegemite – soll man es lieben oder hassen?

07/02/2017 By Tina Kommentar verfassen

Ich gehe nicht davon aus, dass alle, die diesen Artikel lesen, sofort wissen, worum es hier eigentlich geht, deshalb zunächst eine kurze Erklärung: Marmite und Vegemite sind Würzpasten aus Hefeextrakt, die meistens als Brotaufstrich verwendet werden – und für manche Leute haben sie Kultstatus

 

Es begann mit einer zufälligen Entdeckung

Ende des 18. Jahrhunderts wurde Marmite in Großbritannien aus der Taufe gehoben, und interessanterweise basiert die Rezeptur auf den Erkenntnissen eines Deutschen, nämlich des Wissenschaftlers Justus von Liebig. Er fand heraus, dass sich Hefe konzentrieren lässt, und dass ein Nebenprodukt beim Bierbrauen zur Herstellung eines anderen Produkts verwendet werden kann, nämlich für eine braune würzige Paste, deren Geschmack zwischen salzig und bitter liegt.

Vegemite

Dick mit Marmite bestrichener Toast

Hier auf dem Bild wurde Marmite dick auf Toast gestrichen, allerdings bevorzugen es einige etwas anders, und zwar als dünne Schicht mit viel Butter darunter, und manchmal wird die Paste auch zum Würzen in Suppen und Saucen gegeben.

Marmite hat eine interessante Vergangenheit, denn es wurde in beiden Weltkriegen in großen Mengen an die Soldaten des Commonwealth  ausgegeben, nicht zuletzt wegen der preisgünstigen Herstellung und weil man ihm wegen der guten Inhaltsstoffe, vor allem B-Vitamine und Folsäure, positive gesundheitliche Wirkungen nachsagt. Inzwischen gilt Marmite als „urbritisches Lebensmittel“, das allerdings heutzutage sehr polarisiert, weil es von manchen abgöttisch geliebt wird, andere dagegen hassen es. Das weiß natürlich auch der Hersteller und wirbt sogar mit dem Slogan „Love it or hate it“.

Ich habe den Verdacht, dass der heldenhafte Hintergrund einer der Gründe dafür ist, dass dieses Lebensmittel – zumindest in Teilen der Bevölkerung – immer noch so beliebt ist, denn wenn es dazu beigetragen hat, zwei Weltkriege zu gewinnen, dann muss es doch einfach gut sein, oder?

Nach dem Brexit-Referendum gab es bei der Auslieferung von Marmite einen Engpass

Was dann allerdings nach dem Brexit-Votum mit Marmite passierte, fanden manche einfach skandalös:  Ausgerechnet so ein typisch britisches Lebensmittel wie Marmite war in der größten Supermarktkette Tesco zeitweise nicht mehr erhältlich.

Es lag daran, dass Marmite, wie so viele andere Produkte auch, inzwischen von einem globalen Riesenkonzern hergestellt wird, nämlich von Unilever, der mit dem Brexit als Begründung gleich die Preise für verschiedene Lebensmittel erhöhte, was Tesco nicht akzeptieren wollte. Der Absturz des britischen Pfunds hatte zwar tatsächlich dazu geführt, dass jetzt die Einfuhr verschiedener Lebensmittel teurer geworden war, aber Marmite wird schließlich immer noch in Großbritannien hergestellt und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass dafür irgendwelche Rohstoffe eingeführt werden müssen, deshalb war das eigentlich in diesem Fall kein Argument. Dadurch kam es dann zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Tesco und dem Hersteller, und zeitweise war dieses besondere Lebensmittel bei Tesco nicht erhältlich. Das führte wie gesagt zu einem Aufschrei in der Bevölkerung. Inzwischen ist der Streit aber beigelegt, man kann Marmite wieder überall kaufen, und die Gemüter haben sich beruhigt.

Vegemite ist in Australien noch beliebter als Marmite in Großbritannien

In Australien begann das Interesse an einem ähnlichen Lebensmittel etwas später als in Großbritannien, dafür ist die Begeisterung aber bis heute umso größer.

Ich spreche hier von Vegemite, das dem Marmite ähnlich ist und Anfang der 1920er Jahre erfunden wurde. Der Geschmack geht übrigens ein bisschen mehr ins Malzige als bei Marmite. Nach wie vor gilt Vegemite als ein australisches Lebensmittel schlechthin. Es gibt sicher auch vereinzelt Australier, die Vegemite nicht mögen, aber ich habe bisher noch keinen kennengelernt, der es nicht mochte.

Für mich ist der folgende Werbeclip ein Beispiel für effektive Langzeit-Werbung, und man hat es geschafft, einen einprägsamen, positiv besetzten Werbesong zu kreieren, den alle Australier sofort erkennen:

Die Australier betrachten Vegimite so sehr als ihr Nationalprodukt, dass sie den Begriff „happy little Vegemite“ als Slang-Ausdruck für einen glücklichen Menschen verwenden.

Das Video erinnert mich ein bisschen an den deutschen Harbibo-Werbeclip, dessen Slogan ja auch an Glücksgefühle appeliert und der in Deutschland ja allgemein bekannt ist. Es heißt sogar, dass ihn 98 % aller Deutschen kennen. Wenn ich den Clip sehe, fällt mir selbst sofort ein, dass Thomas Gottschalk, obwohl er im Videoclip nur ganz kurz gezeigt wird, an der Werbekampagne beteiligt war und dass die Gummibärchen früher während seiner Show „Wetten dass“ auf dem Tisch standen.

Interessant finde ich, dass in Deutschland – sicher wegen unserer schwierigen Vergangenheit – eine Botschaft, die man als nationalistisch wahrnehmen kann, wohl immer noch bei vielen nicht gut ankommen würde. Bei der besagten Werbung für Gummibärchen läuft es subtiler, schließlich war die Sendung „Wetten Dass“ ja mal so etwas wie eine deutsche Institution. Die Werbung ist sehr geschickt, und wahrscheinlich weiß noch nicht einmal jeder, dass die Bären nach wie vor von einem deutschen Familienunternehmen hergestellt und vertrieben werden, obwohl sie auch international bekannt sind.

Australier wollen ihr Vegemite auch im Ausland genießen

Nun aber wieder zurück zu Vegemite: In Australien ist es so beliebt, dass es immer mal wieder zu Konflikten kommt, wenn die Paste nicht in andere Länder eingeführt werden darf, wobei ich allerdings nicht verstehe, warum das ein Problem sein sollte. Ob man davon ausgeht, dass es potenziell zum Schmuggeln von Material dienen kann, mit denen Sprengstoff hergestellt werden könnte, weil es keine feste Konsistenz hat?

Ich erinnere mich zum Beispiel an den Skandal vor den Olympischen Spielen, als man die australischen Sportler daran hindern wollte, Vegemite nach China einzuführen. Selbstverständlich haben die sich das nicht gefallen lassen und konnten die Verantwortlichen davon überzeugen, dass sie einfach nicht ohne ihr geliebtes Vegemite auskommen.

Australier, die dauerhaft in Ländern leben, wo Vegemite nicht ohne Weiteres erhältlich ist, legen sich übrigens auch gerne mal größere Vorräte davon an.

Sogar in dem erfolgreichen australischen Song „Down Under“ von Men at Work aus den 1980er Jahren kommt Vegemite vor: Im dazugehörigen Musikclip ist bei Minute 1.13 von einem Vegemite-Sandwich die Rede.

Mein eigener Geschmack

Marmite und Vegemite gibt es in Großbritannien überall zu kaufen, und wer sich nun fragt, wie ich selbst dazu stehe, für den habe ich folgende Antwort: Ich bevorzuge nach wie vor ganz eindeutig das Originalprodukt, das beim Bierbrauen anfällt.

In diesem Sinne – cheers

 

 

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Kategorie: Essen und Trinken Stichworte: Spezialitäten

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