Schon heute Nacht habe ich die ersten Polizei-Helikopter gehört, weil wegen der unerträglichen Hitze alle Fenster geöffnet waren
Diesmal hat es Moschee-Besucher getroffen
Es hat sich herausgestellt, dass ein Lieferwagen kurz nach Mitternacht vor einer Moschee in der Seven Sisters Road in eine Menschenmenge gerast ist, wobei es einen Toten und mehrere Verletzte gab.
Bis zum 24. Juni ist ja noch Ramadan, das heißt, gläubige Moslems essen und trinken erst nach Sonnenuntergang.
Die Moschee liegt direkt an der U-Bahn-Station Finsbury Park und hier waren gestern nach Mitternacht immer noch viele Leute unterwegs, weil sie sich zum Fastenbrechen getroffen haben und das war so spät, weil der Ramadan in diesem Jahr in die Sommerzeit fällt.
Finsbury Park selbst hat eine gemischte Bevölkerung, aber die Seven Sisters Road ist eine eher arme Gegend. Normalerweise sind hier sonntagnachts um diese Zeit nicht mehr viele Leute unterwegs, von daher liegt der Schluss nahe, dass es ein gezielter Anschlag war. Obwohl die Polizei noch keine genauen Aussagen macht, wird der Vorfall im Moment wie ein Terroranschlag behandelt.
Gerade wurde bekanntgegeben, dass alle Opfer Moslems sind. Außerdem haben laut Angaben der Polizei die Übergriffe auf Moslems erheblich zugenommen nach den vorherigen Anschlägen in Manchester und London, bei denen sich die Täter in ihrem Wahn als besonders gläubige Moslems verstanden hatten.
Hochhausbrand und immer wieder Terror – London kommt nicht zur Ruhe

Wenn Trauer in Wut umschlägt, kann einiges passieren – immer wieder Terror und ein Hochhausbrand heizen in London die Stimmung auf
Wir haben ja in London in letzter Zeit jede Menge Aufregung und es gab gerade erst viele Proteste und Demonstrationen wegen des katastrophalen Hochhausbrands.
Eine aufgebrachte Menge hatte das Rathaus von Kensington und Chelsea gestürmt – eine eigentlich reiche Gegend, und die Leute sind zu Recht wütend darüber, dass ihre Beschwerden über den unzureichenden Brandschutz nicht gehört wurden.
Beim Hochhausbrand waren vor allem nicht priviligierte, ärmere Menschen betroffen, mit unterschiedlichem religiösen und nicht-religiösen Hintergrund.
Heute beginnen die Brexit-Verhandlungen
Vor etwas mehr als einer Woche gab es ja vorgezogene Parlamentswahlen, und auch die waren spektakulär, weil Premierministerin May sie angesetzt hatte, um gestärkt in die Brexit-Verhandlungen zu gehen, statt dessen hat sie nun ihre absolute Mehrheit verloren. Es gibt ja inzwischen berechtigte Zweifel daran, dass sich die Konservativen wirklich ernsthaft für die ärmere Bevölkerung einsetzen wollen, wie es Theresa May angekündigt hatte.
Die Populisten haben es im letzten Jahr geschafft, gerade unterpriviligierte, weiße Briten davon zu überzeugen, dass das Vereinigte Königreich besser dasteht, wenn es die EU verlässt.
Wir erinnern und hier alle noch an den berühmten Bus, mit dem Nigel Farage durch die Gegend fuhr, der maßgeblich für den Brexit verantwortliche, damalige Anführer der populistischen UKIP-Partei. Auf dem Bus war groß zu lesen, wie viele Millionen Pfund nach dem Brexit angeblich für den Nationalen Gesundheitsdienst NHS zur Verfügung stehen, was absoluter Blödsinn ist.
Die UKIP-Partei hat bei dieser Wahl übrigens erheblich an Stimmen verloren und stellt keinen Abgeordneten mehr. Den meisten Stimmenzuwachs hat die Labour-Partei, weil man ihr noch am ehesten zutraut, wirklich etwas für die weniger bemittelte Bevölkerung zu tun.
Und die einzige Partei, die sich ausdrücklich für den Verbleib in der EU ausgesprochen hat, sind die Liberalen.
Ich bin nach wie vor der Meinung, dass das Brexit-Votum vor allem mit den großen Unterschieden zwischen Arm und Reich im Land zusammenhängt. Populisten spielen ja gerne verschiedene Bevölkerungsgruppen gegeneinander aus – auch ich zähle natürlich zu einer ganz speziellen Gruppe, denn obwohl ich selbst mir nicht so viel Stress mit dem Brexit mache, fühlen sich viele in Großbritannien lebende EU-Bürger wie ein Pfand in den Brexit-Verhandlungen und sind dementsprechend entweder besorgt, traurig, genervt oder manchmal auch extrem wütend.
Jetzt kommt es darauf an, die unterschiedlichen Menschen dieser Stadt zusammenzubringen
Meiner Meinung nach ist es jetzt am Allerwichtigsten, die Populisten nicht wieder die Oberhand gewinnen zu lassen, sondern sich vielmehr noch mehr als bisher auf das zu besinnen, was alle Leute in dieser Stadt gemeinsam haben und nicht auf das, was uns trennt.
Wieder einmal wohne ich an einem Brennpunkt, denn als 2005 die Anschläge auf die Londoner U-Bahn verübt wurden, habe ich weit im Nord-Osten der Stadt gelebt, in Walthamstow, einem Stadtteil, aus dem einige der damaligen Täter stammten.
Heute wie damals habe ich nicht den geringsten Zweifel daran, dass es keine Lösung ist, Gewalt mit Gegengewalt zu beantworten. Es besteht nun leider die Gefahr, dass wir davon in Zukunft noch mehr davon sehen werden, allerdings glaube ich auch, dass wir alle dazu beitragen können, aufeinander zuzugehen.
Gerade höre ich wieder die Helikopter über unserem Stadtteil fliegen und sage mir: Ja, es ist wichtig, für Sicherheit zu sorgen, aber das kann nicht alles sein, denn für echte Sicherheit müssen wir noch mehr als bisher in unterschiedlichster Form zusammenkommen und miteinander reden, auch wenn es manchmal noch so schwerfällt.
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