Hier ist mein Beitrag zur Blogparade von Sarah Maria, Blogs gegen Hass, ein wichtiges Thema, wie ich finde, gerade im Moment, wo die Emotionen zwischen den Kulturen mal wieder verstärkt hochgekocht sind.
Ich bin Ausländerin
Vor Kurzem ist es mir – nicht zum ersten Mal – passiert, dass jemand in meiner Gegenwart über die „ganzen verdammten Ausländer“ schimpfte.
Wenn ich in solchen Fällen dezent darauf hinweise, dass ich ja auch Ausländerin bin, denn schließlich lebe ich als Deutsche in England, kommt meistens ein Kommentar wie dieser: „Dich meine ich natürlich nicht.“
Ich bin de facto Ausländerin, gelte aber offenbar meistens als „gute“. Dass jemand mit meiner Nationalität hier so gesehen wird, war allerdings nicht immer so.
Früher wäre ich eine „schlechte“ Ausländerin gewesen
Ich lebe in London nicht weit vom Alexandra Palace entfernt, und es ist wenig bekannt, dass da im Ersten Weltkrieg Tausende von deutschen und anderen Zivilisten gefangen gehalten wurden, offiziell nennt man so was ja beschönigend „Internierung“.
Hätte ich zur damaligen Zeit gelebt, wäre ich auch dabei gewesen. Internierungen waren damals üblich, in Deutschland wurden gleichzeitig Zivilisten aus Großbritannien und anderen Ländern weggesperrt und von den ganzen anderen schlimmen Dingen, die in Deutschland passiert sind, wenn es um Menschen ging, die irgendwie anders waren, will ich hier gar nicht erst anfangen.
Heutzutage finden im Alexandra Palace auch manchmal bayrische Bierfeste statt. Viele Leute halten das hier für „deutsche Kultur“. Das sehe ich als Norddeutsche natürlich anders, aber da es mir um Völkerverständigung geht, schließe ich selbstverständlich sogar die Bayern mit ein 😉
Und hier ist noch eine Geschichte: Vor einigen Jahren hatte ich mir einen Knöchel gebrochen und wartete im Krankenhaus Whipps Cross auf meine Behandlung.
Whipps Cross liegt in einer Gegend mit einem hohen Ausländeranteil. Neben mir saß eine ältere Irin, und wir sollten beide von einer Frau geröntgt werden, die offensichtlich Muslimin war. Die Irin beschwerte sich, wie viele Ausländer es doch jetzt hier gebe. Sie sah sich offensichtlich selbst nicht als eine.
Ich fragte sie dann, ob es nicht auch schon mal eine Zeit in England gab, in der Iren als „schlechte“ Ausländer galten. In der Vergangenheit hingen nämlich in Schaufenstern sogar manchmal Schilder, auf denen stand „Hunde und Iren müssen leider draußen bleiben“. Als ich die Frau daran erinnerte, wurde sie ganz nachdenklich und sagte, da hätte ich eigentlich recht.
Wir sind alle Ausländer
Wer jetzt über Ausländer wettert, sollte nicht vergessen, dass er fast überall auf der Welt selber einer ist. Und wer kann schon sagen, ob jemand, der im Moment als „guter“ gilt, aus den unterschiedlichsten Gründen nicht auch mal wieder ein „schlechter“ werden kann?
Nachtrag
Ich möchte noch hinzufügen, dass man einerseits dann als guter Ausländer gesehen wird, wenn die eigene Kultur der anderen ähnlich ist, aber ein ganz wichtiges Kriterium besteht auch darin, ob man aus einem reichen oder einem armen Land kommt und im Verdacht steht, das Sozialsystem des anderen Landes ausnutzen zu wollen. In beiden Punkten sieht man mich hier in Großbritannien wohl heutzutage als eine „Gute“.
Selbst im Urlaub in Griechenland war ich erstaunt darüber, wie super-nett die meisten Griechen zu mir trotz meiner Nationalität waren. Ich habe dann erfahren, dass das Land wegen der desolaten Situation jetzt sogar noch viele Touristen verloren hat und dringend auf diejenigen angewiesen ist, die noch kommen.
Und was die oben erwähnten Iren betrifft, so waren die ja zwar in der Mehrheit Katholiken im Gegensatz zu den protestantischen Briten, aber ich denke, der Hauptgrund für den Hass war ihre damalige Armut.
Inzwischen ist die Blogparade „Blogs gegen den Hass“ zu Ende gegangen, und es sind tolle Beiträge geschrieben worden, ich kann nur empfehlen, mal einen Blick auf Sarah Marias Zusammenfassung zu werfen.
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