Hiermit beteilige ich mich an der Blogparade von Henrik Stamm (mobilething.de), der die Frage stellt, ob es okay ist, sich online zu duzen.
Dabei geht es um folgende Punkte:
- Duzt du im Internet?
- Wann empfindest du das ‘Duzen’ als unhöflich? Und warum?
- Wie stehst du zum ‘Siezen’?
- Wirst du lieber gesiezt oder geduzt?
Ich bervorzuge das Duzen
Also: Ich duze im Internet, wann immer ich kann, vorausgesetzt, am anderen Ende wird nicht generell gesiezt. Ich empfinde Duzen online und offline nie als unhöflich, was allerdings sicher auch eine Sache der Gewohnheit ist. Ich lebe ja in England, und hier „youzt“ jeder jeden. Es hat mein Leben sehr vereinfacht, denn wie oft habe ich mir früher in Deutschland den Kopf darüber zerbrochen, ob ich jemanden siezen oder duzen soll!
In England fast ausschließlich Anrede mit Vornamen
Hier auf der Insel sagt man nicht nur generell „you“, sondern fast jeder möchte mit Vornamen angesprochen werden, auch Firmenchefs. Mir wurde gesagt, dass nur ältere Leute das in seltenen Fällen ablehnen und selbst der Premierminister würde wahrscheinlich den Vornamen bevorzugen.
Bei gewissen Adeligen wäre ich aber erst mal vorsichtig. Wenn mich allerdings jemand mit Vornamen anspricht, sehe ich im Grunde genommen nicht ein, warum ich nicht umgekehrt dasselbe tun soll, es sei denn, es wäre die Queen. Das Problem stellt sich für mich eigentlich gar nicht, denn ich verkehre normalerweise nicht in solchen Kreisen 🙂
In meiner Anfangszeit in London hatte ich mich mal auf einen Job beworben und die Nachricht auf meinem Anrufbeantworter begann mit „Hier ist Danny…“ Ich dachte, wie seltsam, kenne ich den? Nein, ich kannte ihn nicht. Mittlerweile klingt es für mich sogar ungewohnt, wenn ich die Leute in Deutschland mir Herr oder Frau Soundso ansprechen muss.
International wird es noch komplizierter
Solange man sich nur in einem Kulturkreis bewegt, kann man sich vielleicht noch eindeutig für Du oder Sie entscheiden, anders sieht die Sache aus, wenn man über Ländergrenzen kommuniziert.
Dazu ein Beispiel: Ich unterrichte ja unter anderem auch noch Deutsch, und eine Londoner Schülerin von mir arbeitete bei einer internationalen Bank. Als sie eine Stelle in der Filiale in Deutschland annahm, ging das Chaos richtig los.
In der deutschen Bankfiliale war das Sie einschließlich Herr und Frau üblich, wobei manchmal im Laufe der Zeit auch geduzt wurde, wenn sich die Leute gut kannten. Jetzt hatte sie schon über E-Mail und Skype mit einigen Kollegen auf Englisch mit Vornamen kommuniziert, mit anderen noch nicht und wusste überhaupt nicht mehr, wen sie wie anreden sollte.
Es hätte ja auch noch die Variante mit Sie und Vornamen gegeben, aber dadurch wäre die verworrene Situation sicher nicht einfacher geworden.
Ich stand selbst schon vor Situationen, die wahrscheinlich kompliziert geworden wären, und dann habe ich, solange es eben vertretbar war, das Du angeboten, was auch meistens kein Problem war. Wenn es nach mir ginge, könnten wir das Sie ganz abschaffen, wie es ja auch schon in einigen Ländern passiert ist.
Ein Schwede erzählte mir mal, dass sein Land inzwischen generell das Du eingeführt hätte, aber in manchen Situationen, wie etwa in Banken, könnten sich einige Leute immer noch nicht vom Sie trennen. Er sagte, er würde dann einfach trotzdem immer mit Du antworten.
In Deutschland ist ja manchmal davon die Rede, dass man anderen per Du schneller Unverschämtheiten an den Kopf wirft, aber das kann ich nicht ganz nachvollziehen.
Ich denke, es hängt davon ab, was man gewohnt ist, und es dauert eben meistens seine Zeit, bis sich Gewohnheiten ändern. Jedenfalls bin ich froh darüber, dass sich das Du im Internet inzwischen schon erstaunlich weit durchgesetzt hat.
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