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Der 11.11. hat in Großbritannien eine ganz andere Bedeutung als in Deutschland

11/11/2015 By Tina Kommentar verfassen

Am 11.11. um 11.11 Uhr gibt es ja in Deutschland immer ein großes Trara, und los geht es mit der neuen Karnevalssaison. Wer allerdings denkt, dass hier in London etwas Ähnliches passiert, wird sich wundern oder womöglich schockiert sein, denn der Kontrast ist sehr groß und man könnte ihn sogar makaber nennen.

Um 11 Uhr gibt es in London und anderswo am 11.11. traditionell ein zweiminütiges Schweigen. Man denkt dann an die Soldaten, die in Kriegen umgekommen sind und die Tradition reicht bis zum 1. Weltkrieg zurück.

Am „Remembrance“ oder „Armistice“ Sunday“, also am Sonntag, der dem 11. November am nächsten ist, finden außerdem Feierlichkeiten im ganzen Land und vor allem auch in Commonwealth-Ländern statt.

Das Symbol für diese Erinnerungen sind Mohnblumen zum Anstecken, die um diese Jahreszeit verkauft werden und der Erlös geht an Kriegsveteranen oder ihre überlebenden Angehörigen.

Hintergründe

poppy-50590_640Inspiriert wurden die Tradition mit den Mohnblumen von dem Kriegsgedicht „In Flanders Fields“ (Auf Flanders Feldern), eines der bekanntesten englischsprachigen Gedichte über den Ersten Weltkrieg.

Der kanadische Lieutenant John Mc Grae, der u. a. auch Schriftsteller war, erinnert damit an einen gefallenen Freund und Soldaten.

Der rot blühende Klatschmohn ist ein Symbol für das vergossene Blut, aber auch gleichzeitig für Hoffnung, Mohnsamen ist nämlich sehr keimfähig und Mohnblumen wachsen auch unter widrigen Umständen; die Böden der Kriegsfelder waren ja damals vom deutschen Chlorgas zerstört.

Die Tradition heute

Von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und von denen, die im Fernsehen auftreten, wird in Großbritannien traditionell erwartet, dass Sie die Poppies tragen.

Allerdings gibt es inzwischen auch von manchen Seiten Kritik, weil man das Ganze auch als Glorifizierung und Rechtfertigung der heutigen Kriege verstehen könnte.

Ich muss ehrlich gestehen, dass ich selber immer schon gemischte Gefühle bei den Poppys hatte und mittlerweile habe ich sogar den Eindruck, dass sie von weniger Leuten in der Öffentlichkeit getragen werden als noch vor einigen Jahren.

Man kann Großbritannien sicher als ein Land bezeichnen, in dem Traditionen generell wichtiger sind als in Deutschland und dieses Land gehörte nach dem Zweiten Weltkrieg zu den „Guten“, während von Deutschland das Schlimmste ausging, was jemals in der Geschichte der Menschheit passiert ist, von daher fällt es mir wohl auch schwer, überhaupt etwas Positives an Kriegen zu sehen – an welchen Kriegen auch immer.

 

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Kanone und arabische Werbung sind die Markenzeichen des Londoner Fußballclubs Arsenal

21/05/2015 By Tina Kommentar verfassen

Arsenal-Stadion in London

Der Premier League Fußballclub Arsenal ist für mich nicht zu übersehen, schließlich wohne ich nicht allzu weit vom Stadion entfernt.

Wenn Arsenal ein Heimspiel hat, bevölkern jede Menge Fans die Viertel in meiner Umgebung. Die Pubs sind überfüllt und immer, wenn ich mal vor oder nach einem Spiel in der Nähe des Stadions mit dem Fahrrad fahre, heißt es absteigen, da gibt es dann nämlich kein Durchkommen mehr.

Selbst zu Fuß ist es eine Herausforderung, sich in Gegenrichtung durch die Menschenmassen zu kämpfen.

Kein Wunder, das Stadion ist schließlich nicht das kleinste. Da passen mehr als 60.000 Zuschauer rein, und es ist normalerweise ausverkauft. Fußball ist eben sehr beliebt.

Fußball und VölkerverständigungDer Arsenal F.C. 1886 wurde ursprünglich von Arbeitern der Woolwich Arsenal Armament Factory, einer Londoner Rüstungsfabrik, gegründet.

Daher stammt einerseits der Name Arsenal, andererseits der Spitzname „Gunners“ und es ist auch klar, wo das Emblem mit der Kanone herkommt.

Der Original-Ort Woolwich liegt übrigens noch weiter im Osten Londons als das heutige Stadion, und als Arsenal immer besser und professioneller wurde, ist man an den jetzigen, zentraleren Standort umgezogen.

Ich glaube, inzwischen würde niemand mehr einen Fußballclub nach einer Fabrik mit so einem blutigen Hintergrund zu benennen, die Zeiten sind zum Glück vorbei.

Ich bin aber der Meinung, dass Fußball durchaus auch ein bisschen Kriegsersatz sein kann, und darüber habe ich schon mal in meinem Artikel Schotten-Power geschrieben.

Allerdings glaube ich nicht, dass Arsenal militaristischer ist als andere Vereine. Das Wappen mit der Kanone hat Tradition, deshalb stellt es keiner in Frage, und man ist offensichtlich immer noch stolz darauf.

Wer sind die „Guten“?

Fußball und Völkerverständigung

Emirates Stadion von Arsenal, London

Die Emirates Airline ist ein wichtiger Sponsor und danach wurde auch das moderne Arsenal Stadion benannt.

Auf den Trikots steht in großen Buchstaben der Slogan „Fly Emirates“.

Die Fluglinie gehört schon allein deshalb zu den „Guten“, weil sie Geld gibt, und ohne Geld geht ja nun einmal nichts.

Um als guter Ausländer zu gelten, spielt das in unserer Welt eine nicht zu unterschätzende Rolle. Aber es ist immer noch so eine Sache mit Fußball und anderen Kulturen …

Vor vielen Jahren habe ich mich mal bei einer Taxifahrt mit dem Fahrer unterhalten, und der sagte mir, er mag den Trainer der englischen Fußballnationalmannschaft nicht.

Als ich fragte, wieso nicht, meinte er: „Weil er Ausländer ist.“

Der Trainer war damals ein Schwede. Ich wage allerdings zu behaupten, dass auch ausländische Trainer okay sind, solange sie Top-Leistungen bringen, wenn nicht, wird schnell mal die Nationalität verantwortlich gemacht.

Der jetzige Trainer von Arsenal ist Franzose, und da der Verein ziemlich gut spielt, gibt’s damit anscheinend kein Problem.

Auch das Team von Arsenal ist ja sehr international und das hat garantiert ebenfalls mit Geld zu tun.

Arsenal kann es sich einfach leisten, die besten Spieler aus aller Welt „einzukaufen“.

Und jetzt, wo ich das hier schreibe, gibt es bei Arsenal aktuell drei Spieler aus Deutschland, darunter Mesut Özil, der hier ganz selbstverständlich „ein Deutscher“ ist, der Migrationshintergrund spielt offenbar keine Rolle, dazu gibt es hier auch eh viel zu viele Leute, für die das gilt, und er ist ja eh schon dritte Generation.

Im Idealfall Völkerverständigung

Was die Fans betrifft, so möchte ich klarstellen, dass natürlich die meisten nett und friedlich sind, aber leider sind mir auch schon aggressive und rassistische Fußballanhänger über den Weg gelaufen, deshalb hatte ich lange Zeit nicht viel für den Sport übrig.

Allerdings muss ich zugeben, dass ich hier in meiner Gegend bisher damit noch keine schlechten Erfahrungen gemacht habe.

Im Idealfall kann Fußall ja tatsächlich Leute und Nationen zusammenbringen, er muss kein Ersatz für Kriege mehr sein.

Ich hatte selber auch schon ein nettes Erlebnis, was das betrifft. Vor vielen Jahren war ich zu der Zeit in Frankreich im Urlaub, als das Land gerade die Fußballweltmeisterschaft gewonnen hatte.

Da haben wir uns einfach mit den Franzosen gefreut und gefeiert und den ganzen Abend „On est le champion“ und andere Lieder mitgesungen. So macht es mir auch Spaß 😉

An dieser Stelle möchte ich mit dem schönen Satz abschließen, der auf Mesut Özils Website zu lesen ist:

„Warum soll ich die Welt bezwingen, wenn ich sie verzaubern kann?“

 

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Gute Ausländer – schlechte Ausländer

28/01/2015 By Tina 10 Kommentare

Hier ist mein Beitrag zur Blogparade von Sarah Maria, Blogs gegen Hass, ein wichtiges Thema, wie ich finde, gerade im Moment, wo die Emotionen zwischen den Kulturen mal wieder verstärkt hochgekocht sind.

Ich bin Ausländerin

Vor Kurzem ist es mir – nicht zum ersten Mal – passiert, dass jemand in meiner Gegenwart über die „ganzen verdammten Ausländer“ schimpfte.

Wenn ich in solchen Fällen dezent darauf hinweise, dass ich ja auch Ausländerin bin, denn schließlich lebe ich als Deutsche in England, kommt meistens ein Kommentar wie dieser: „Dich meine ich natürlich nicht.“

Ich bin de facto Ausländerin, gelte aber offenbar meistens als „gute“. Dass jemand mit meiner Nationalität hier so gesehen wird, war allerdings nicht immer so.

Gute Ausländer - schlechte Ausländer

Hügelige Landschaft in Nord-London mit dem Alexandra Palace im Hintergrund

Früher wäre ich eine „schlechte“ Ausländerin gewesen

Ich lebe in London nicht weit vom Alexandra Palace entfernt, und es ist wenig bekannt, dass da im Ersten Weltkrieg Tausende von deutschen und anderen Zivilisten gefangen gehalten wurden, offiziell nennt man so was ja beschönigend „Internierung“.

Hätte ich zur damaligen Zeit gelebt, wäre ich auch dabei gewesen. Internierungen waren damals üblich, in Deutschland wurden gleichzeitig Zivilisten aus Großbritannien und anderen Ländern weggesperrt und von den ganzen anderen schlimmen Dingen, die in Deutschland passiert sind, wenn es um Menschen ging, die irgendwie anders waren, will ich hier gar nicht erst anfangen.

Heutzutage finden im Alexandra Palace auch manchmal bayrische Bierfeste statt. Viele Leute halten das hier für „deutsche Kultur“. Das sehe ich als Norddeutsche natürlich anders, aber da es mir um Völkerverständigung geht, schließe ich selbstverständlich sogar die Bayern mit ein 😉

Und hier ist noch eine Geschichte: Vor einigen Jahren hatte ich mir einen Knöchel gebrochen und wartete im Krankenhaus Whipps Cross auf meine Behandlung.

Whipps Cross liegt in einer Gegend mit einem hohen Ausländeranteil. Neben mir saß eine ältere Irin, und wir sollten beide von einer Frau geröntgt werden, die offensichtlich Muslimin war. Die Irin beschwerte sich, wie viele Ausländer es doch jetzt hier gebe. Sie sah sich offensichtlich selbst nicht als eine.

Ich fragte sie dann, ob es nicht auch schon mal eine Zeit in England gab, in der Iren als „schlechte“ Ausländer galten. In der Vergangenheit hingen nämlich in Schaufenstern sogar manchmal Schilder, auf denen stand „Hunde und Iren müssen leider draußen bleiben“. Als ich die Frau daran erinnerte, wurde sie ganz nachdenklich und sagte, da hätte ich eigentlich recht.

Wir sind alle Ausländer

Wer jetzt über Ausländer wettert, sollte nicht vergessen, dass er fast überall auf der Welt selber einer ist. Und wer kann schon sagen, ob jemand, der im Moment als „guter“ gilt, aus den unterschiedlichsten Gründen nicht auch mal wieder ein „schlechter“ werden kann?

Nachtrag

Ich möchte noch hinzufügen, dass man einerseits dann als guter Ausländer gesehen wird, wenn die eigene Kultur der anderen ähnlich ist, aber ein ganz wichtiges Kriterium besteht auch darin, ob man aus einem reichen oder einem armen Land kommt und im Verdacht steht, das Sozialsystem des anderen Landes ausnutzen zu wollen. In beiden Punkten sieht man mich hier in Großbritannien wohl heutzutage als eine „Gute“.

Selbst im Urlaub in Griechenland war ich erstaunt darüber, wie super-nett die meisten Griechen zu mir trotz meiner Nationalität waren. Ich habe dann erfahren, dass das Land wegen der desolaten Situation jetzt sogar noch viele Touristen verloren hat und dringend auf diejenigen angewiesen ist, die noch kommen.

Und was die oben erwähnten Iren betrifft, so waren die ja zwar in der Mehrheit Katholiken im Gegensatz zu den protestantischen Briten, aber ich denke, der Hauptgrund für den Hass war ihre damalige Armut.

 

Inzwischen ist die Blogparade „Blogs gegen den Hass“ zu Ende gegangen, und es sind tolle Beiträge geschrieben worden, ich kann nur empfehlen, mal einen Blick auf Sarah Marias Zusammenfassung zu werfen.

 

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Nun ist der Terror auch in meinem Stadtteil angekommen

Schotten-Power

19/09/2014 By Tina Kommentar verfassen

Seit wenigen Stunden steht es fest: Die Schotten sind doch nicht unabhängig geworden, aber wer hätte noch vor einiger Zeit gedacht, dass Schottland die britische Regierung mit ihrem Referendum so zum Zittern bringen würde.

Schottland Dudelsackspieler London Eye

Schotte vor dem London Eye

Meine schottische Mitbewohnerin sagte mal, dass sie hier in London Immigrantin ist, genau wie ich.

Und wie alle anderen Schotten, die ich kenne, antwortet sie auch im Ausland auf die Frage, wo sie herkommt, ganz selbstverständlich mit „Schottland“ und nicht mit „Großbritannien“. Das sagt wohl schon einiges.

Jetzt hatte die britische Regierung den Schotten quasi in letzter Minute mehr Macht und Einfluss im Königreich versprochen und es bleibt abzuwarten, wie das dann in der Praxis aussehen wird. Die Wahlbeteiligung war ja phänomenal und ich finde, das ist ein großer Sieg für die Demokratie.

 

 

Fußball ist wie KriegFußball statt Krieg

Eins hat mich am Anfang hier auf der Insel überrascht: Wenn England gegen Deutschland Fußball spielt, halten fast alle Schotten zu uns.

Für England selbst sind wir beim Fußball der Feind Nummer eins, was garantiert mit dem zweiten Weltkrieg zusammenhängt. Die Schotten hatten dagegen ja auch mal ihre eigenen Kriege mit England. Übrigens ist Argentinien Englands Fußball-Feind Nummer zwei. Wie war das doch noch gleich mit dem Krieg um die Falkland-Inseln … ?

Wir können jedenfalls froh sein, dass Auseinandersetzungen bei uns im Gegensatz zu anderen Teilen der Welt mittlerweile auf so friedliche Weise ausgetragen werden. Und heute Abend trinke ich noch (mindestens) einen Whisky auf das Wohl von Schottland!

 

Nachtrag:

Inzwischen hat Deutschland die Fußballweltmeisterschaft gewonnen, das Endspiel war ja gegen Argentinien, und am nächsten Tag habe ich etwas Erstaunliches beobachtet: Mit offensichtlicher Freude wurde am nächsten Tag auf dem Display in der Londoner U-Bahn der Sieg von Deutschland angezeigt. Da stehen sonst nur die Abfahrtzeiten der Züge.

Vielleicht habe ich mich getäuscht, und wir sind doch nicht mehr Englands Fußball-Feind Nummer eins  …

 

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