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Neben- oder hauptberuflich selbständig machen? Blogparade von „Selbständig im Netz“

30/09/2015 By Tina 1 Kommentar

Hier kommt mein Beitrag zur Blogparade von Peer und Susann („Selbständig im Netz“): Neben- oder hauptberuflich selbständig machen? Unten beantworte ich die Fragen, die sie auf ihrem Blog stellen.

 

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Jedes Jahr am 30. September ist Internationaler Übersetzertag

Womit willst oder hast du dich neben- oder hauptberuflich selbständig gemacht?

Ich habe mich vor vielen Jahren als literarische Übersetzerin nebenberuflich selbständig gemacht und damals hatte ich noch einen festen Teilzeitjob als Verwaltungsangestellte. Seit meinem Umzug nach England arbeite ich in Vollzeit freiberuflich, hier gibt es deutlich weniger Teilzeitstellen und ich hätte es auch extrem schwierig gefunden, neben einer Vollzeitarbeit und den meist langen Anfahrtswegen nebenberuflich noch etwas anderes auf die Beine zu stellen.

Mittlerweile bin ich nicht mehr in erster Linie Literaturübersetzerin, sondern u.a. feste Freie als Lehrerin für eine nette kleine deutsche Sprachschule, außerdem übersetze ich viele Formate, eine Zeit lang waren das vor allem Filmuntertitel, und als Redakteurin und Journalistin habe ich auch schon gearbeitet.

Im letzten Jahr bin ich dann langsam damit angefangen, diesen Blog über London und einen anderen auf Englisch über internationales Self-Publishing zu starten.

Warum hast du dich neben- oder hauptberuflich selbständig gemacht?

Ich wollte damals unbedingt Bücher übersetzen, es hätte nicht unbedingt selbständig sein müssen, aber es ist schwierig genug, überhaupt freiberuflich für Verlage übersetzen zu dürfen, Angestellte kenne ich auf diesem Gebiet keine.

Jetzt arbeite ich schon seit mittlerweile 14 Jahren in Vollzeit selbständig und sehe inzwischen vor allem die Vorteile, nämlich die größere Freiheit, Flexibilität und Vielfalt in der Arbeit.

Hast du deinen Arbeitgeber informiert?

Ja, und wegen der Teilzeittätigkeit war das damals auch kein Problem, ich war ja mit dem anderen Job nicht voll ausgelastet, von daher musste mein Chef nicht befürchten, dass die Arbeit für ihn darunter leidet.

Wie schaffst du den Balance-Akt zwischen Job, Familie und Gründung?

Als ich mit dem Übersetzen angefangen habe, war ich noch mit einem Mann verheiratet, der sich wohl offenbar doch vor allem eine gute Hausfrau gewünscht hatte – und dann ist unsere Beziehung nicht nur deshalb, aber sicher auch aus diesem Grund in die Brüche gegangen, er fand es anscheinend gar nicht schlecht, dass ich anfangs nach dem Studium nur einen Teilzeitjob gefunden hatte. Durch meine Übersetzungsarbeit war ich dann aber nicht mehr so flexibel und konnte und wollte meine Prioritäten nicht mehr ständig seinen unterordnen. Im Nachhinein kann ich sagen, das war damals keine leichte Zeit, aber ich habe dadurch begriffen, was ich wirklich will.

Inzwischen kommt für mich nur noch eine Beziehung auf Augenhöhe in Frage, ohne traditionelle Rollenmuster, und mir ist wichtig, nicht nur die Haus- sondern auch die Erwerbsarbeit zu teilen. Irgendwann war ich mal überrascht, als ich erfahren habe, dass auch Männer die alten Rollenerwartungen nicht immer toll finden – ich weiß jetzt, dass nicht jeder scharf auf den Druck ist, unter dem Allein- oder Hauptverdiener oft stehen.

Welche positiven und negativen Erfahrungen hast du gemacht?

Literaturübersetzen habe ich immer gerne gemacht, aber leider wird es schlecht bezahlt, und ich wusste, dass ich davon in einer teuren Stadt wie London auf die Dauer nicht leben kann. Deshalb musste ich andere Wege finden. Viele Jahre lang habe ich dann Filmuntertitel übersetzt, bis auch da die Honorare runtergingen – wer das nicht mitmachen wollte, musste sich etwas anderes suchen.

Es sieht so aus, als ob ich mich immer wieder neu erfinden muss. Das Lernen hört ja heute eh für niemanden auf, aber ich glaube, bei mir ist es besonders extrem. Ich habe mich schon so an die ständigen Veränderungen in meinem Leben gewöhnt, dass ich das Gefühl habe, ich brauche die jetzt beinahe 😉

Was waren oder sind deine größten Herausforderungen?

Ich arbeite mit Sprache, und das ist traditionell ein Bereich, in dem vor allem Frauen arbeiten, viele von ihnen von zu Hause aus. Sie sind oft quasi nur „Dazuverdienerinnen“ und ihr Mann bringt das meiste Geld nach Hause, was bedeutet, dass die Honorare in der Regel niedrig sind – ich dagegen muss und will meinen Lebensunterhalt in einer teuren Stadt wie London alleine verdienen.

Aber Herausforderungen sind dazu da, um daran zu wachsen, und ich habe bisher immer wieder neue Ideen gehabt, wie es nach einer Flaute weitergehen sollte.

Und hier sind meine Tipps für zukünftige nebenberufliche oder Vollzeit-Selbständige:

  1. Überlege dir, für was du brennst, wo deine Leidenschaft liegt, damit du auch Durststrecken durchältst.
  2. Ich würde mich erst mal nebenberuflich selbständig zu machen, wenn das möglich ist, um herauszufinden, ob dir das, was du dir vorgestellt hast, tatsächlich liegt und der Arbeitsalltag dann wirklich so aussieht, wie du ihn dir vorgestellt hast. Dann kannst du immer noch entscheiden, ob du das auf die Dauer hauptberuflich machen willst.
  3. Ich würde mir auch möglichst Zeit bei der Entscheidung lassen, worauf es letztlich genau hinauslaufen soll, am Anfang kann man noch nicht immer so genau abschätzen, wie man sich langfristig damit fühlt und inwieweit es finanziell läuft.
  4. Miss dich nicht an anderen und an dem, was deine Umwelt „normal“ findet. Es ist dein Leben!
  5. Wenn du selber genau weißt, was du willst, würde ich auch mit einem Partner oder einer Partnerin so bald es geht besprechen, wie du dir dein Leben vorstellst. Je eher, desto besser, vielleicht bleibt dir dann erspart, was mir passiert ist, nämlich den Falschen zu heiraten. Heute sind die Rollen eben nicht mehr so klar definiert, wie das früher mal der Fall war …
  6. Erlaube dir, nicht perfekt zu sein, das ist sowieso niemand, schon gar nicht am Anfang. Und wer mal so richtig auf die Nase fällt und es schafft, dann wieder aufzustehen, der wird immer stärker. Es heißt ja, dass alle erfolgreichen Leute mal so richtig baden gegangen sind – manche behaupten, dass es für großen Erfolg sogar unbedingt notwendig ist, so etwas mal erlebt zu haben und ich glaube das auch. Die Nasa hält Versagen übrigens für besonders wichtig, um innovativ zu sein, und bei denen gibt es für ihre Angestellten sogar einen Preis für Misserfolge.
  7. Arbeite nicht ununterbrochen, sondern gönn dir Pausen, sonst hast du irgendwann keine Kraft mehr zum Weitermachen, und sei generell nett zu dir. Ich denke, die meisten von uns haben schon in der Schule gelernt, vor allem unter Druck zu arbeiten, aber ständiger Druck macht einen auf die Dauer kaputt.
  8. Vernetze dich mit anderen  – wer nicht immer alleine kämpft, muss sich nicht alles einsam erarbeiten und kann sich gegenseitig hochziehen, wenn es mal hakt. Ich verabrede mich zum Beispiel inzwischen regelmäßig mit einer Freundin, die auch bloggt, zum Skypen oder im Café und dann erzählen wir uns, was wir geschafft haben und was wir bis zum nächsten Gespräch vorhaben. Ich hätte nie gedacht, dass das einen so großen Unterschied machen würde! Auch im Internet, übers Bloggen und Kommentieren und über Social Media kann man sich natürlich vernetzen, aber ich würde mich deshalb trotzdem noch mit Leuten in ähnlicher Situation ab und zu persönlich treffen und auch entsprechende Veranstaltungen besuchen. Der direkte Kontakt ist doch noch mal was anderes als eine rein virtuelle Verbindung.
  9. Ich bin davon überzeugt, dass die selbständige Arbeit von Solopreneuren Zukunft hat. Unsere Welt verändert sich schließlich immer schneller und ich glaube, dass Leute, die für sich allein oder mit einem Mini-Team selbständig arbeiten, besser auf zukünftige Veränderungen reagieren können, weil sie flexibler sind, wenn sie keine große Firma im Nacken haben, die sich nur schwerfällig bewegt. Das heißt aber nicht, dass man dabei immer Einzelkämpfer sein muss: Wir können uns ja für bestimmte Projekte mit anderen zusammenschließen.

Und hier noch ein paar Worte zum Schluss:

Heute, am 30. September, ist internationaler Übersetzertag. Dadurch soll einmal im Jahr eine sonst eher unsichtbare Branche etwas sichtbarer gemacht werden. Ich habe auch auf meinem englischen Blog etwas dazu geschrieben. Wer Englisch lesen kann und sich für das Thema interessiert, kann da gerne mal vorbeigucken.

Blogger veröffentlichen ja oft E-Books – wieso sollte das nicht auch international möglich sein? Aus dem Englischen werden jede Menge Bücher ins Deutsche und in andere Sprachen übersetzt, aber bisher leider nur wenige umgekehrt, aber ich sehe Wege, wie sich das ändern kann, dazu gibt es auch einen Artikel auf meinem englischen Blog.

Kategorie: Alltagsleben Stichworte: Arbeit, Männer und Frauen, Übersetzen

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  1. Neben- oder hauptberuflich selbständig machen? Teil 2 > Existenzgründung, Selbständig > Selbständig im Netz sagt:
    26/10/2015 um 09:32 Uhr

    […] londonundmehr.com und einem englischsprachigen Blog zum internationalen Self-Publishing. In ihrem Beitrag zu unserer Blogparade nennt sie Freiheit, Flexibilität und Vielfalt in der Arbeit als größte […]

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